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Karlheinz Böhm liest am 1. Dezember 1996 im Heinrich-Heine-Institut |
WELTLAUF Hat man viel, so wird man bald Noch viel mehr dazu bekommen. Wer nur wenig hat, dem wird Auch das Wenige genommen. Wenn du aber gar nichts hast, Ach, so lasse Dich begraben - Denn ein Recht zum Leben, Lump, Haben nur die etwas haben. |
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LUMPENTUM Die reichen Leute, die gewinnt Man nur durch platte Schmeicheleien - Das Geld ist platt, mein liebes Kind, Und will auch platt geschmeichelt sein. Das Weihrauchfaß, das schwinge keck Vor jedem göttlich goldnen Kalb, Bet an im Staub, bet an im Dreck, Vor allem aber lob nicht halb. Das Brot ist teuer dieses Jahr, jedoch die schönsten Worte hat Man noch umsonst - Besinge gar Mäcenas Hund, und friß dich satt! |
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ZUR BERUHIGUNG Wir schlafen ganz, wie Brutus schlief - Doch jener erwachte und bohrte tief In Cäsars Brust das kalte Messer! Die Römer waren Tyrannenfresser. Wir sind keine Römer, wir rauchen Tabak. Ein jedes Volk hat seinen Geschmack, Ein jedes Volk hat seine Größe; In Schwaben kocht man die besten Klöße. Wir sind Germanen, gemütlich und brav, Wir schlafen gesunden Pflanzenschlaf, Und wenn wir erwachen, pflegt uns zu dürsten, Doch nicht nach dem Blute unserer Fürsten. Wir sind so treu wie Eichenholz, Auch Lindenholz, drauf sind wir stolz; Im Land der Eichen und der Linden Wird niemals sich ein Brutus finden. Und wenn auch ein Brutus unter uns wär, Den Cäsar fänd er nimmermehr, Vergeblich würd er den Cäsar suchen; Wir haben gute Pfefferkuchen. Wir haben sechsunddreißig Herrn >Ist nicht zu viel!<, und einen Stern Trägt jeder schützend auf seinem Herzen, Und er braucht nicht zu fürchten die Iden des Märzen. Wir nennen sie Väter, und Vaterland Benennen wir dasjenige Land, Das erbeigentümlich gehört den Fürsten; Wir lieben auch Sauerkraut mit Würsten. Wenn unser Vater spazieren geht, Ziehn wir den Hut mit Pietät; Deutschland, die fromme Kinderstube, Ist keine römische Mördergrube. |
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ERINNERUNG AUS KRÄHWINKELS SCHRECKENSTAGEN Wir Bürgermeister und Senat, Wir haben folgendes Mandat Stadtväterlichst an alle Klassen Der treuen Bürgerschaft erlassen. Ausländer, Fremde, sind es meist, Die unter uns gesät den Geist Der Rebellion. Dergleichen Sünder, Gottlob! sind selten Landeskinder. Auch Gottesleugner sind es meist; Wer sich von seinem Gotte reißt, Wird endlich sich abtrünnig werden Von seinen irdischen Behörden. Der Obrigkeit gehorchen, ist Die erste Pflicht für Jud und Christ. Es schließe jeder seine Bude, Sobald es dunkelt, Christ und Jude. Wo ihrer drei beisammen stehn, Da soll man auseinander gehn. Des Nachts soll Niemand auf den Gassen Sich ohne Leuchte sehen lassen. Es liefre seine Waffen aus Ein Jeder in dem Gildenhaus; Auch Munition von jeder Sorte Wird deponiert am selben Orte. Wer auf der Straße räsonniert, Wird unverzüglich füsiliert; Das Räsonnieren durch Gebärden Soll gleichfalls hart bestrafet werden. Vertrauet eurem Magistrat, Der fromm und liebend schützt denStaat Durch huldreich hochwohlweises Walten; Euch ziemt es, stets das Maul zu halten. |
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DIE WAHLESEL Die Freiheit hat man satt am End, Und die Republik der Tiere Begehrte, daß ein einziger Regent Sie absolut regiere. Jedwede Tiergattung versammelte sich, Wahlzettel wurden geschrieben; Parteisucht wütete fürchterlich, Intrigen wurden getrieben. Das Komitee der Esel ward Von Alt-Langohren regieret; Sie hatten die Köpfe, mit einer Kokard, Die schwarz-rot-gold, verzieret. Es gab eine kleine Pferdepartei, Doch wagte sie nicht zu stimmen; Sie hatte Angst vor dem Geschrei Der Alt-Langohren, der grimmen. Als einer jedoch die Kandidatur Des Rosses empfahl, mit Zeter Ein Alt-Langohr in die Rede ihm fuhr, Und schrie Du bist ein Verräter! Du bist ein Verräter, es fließt in dir Kein Tropfen vom Eselsblute; Du bist kein Esel, ich glaube schier, Dich warf eine wälsche Stute. Du stammst vom Zebra vielleicht, die Haut Sie ist gestreift zebräisch; Auch deiner Stimme näselnder Laut Klingt ziemlich ägyptisch-hebräisch. Und wärst du kein Fremdling, so bist du doch nur Verstandesesel, ein kalter; Du kennst nicht die Tiefen der Eselsnatur, Dir klingt nicht ihr mystischer Psalter. Ich aber versenkte die Seele ganz In jenes süße Gedösel; Ich bin ein Esel, in meinem Schwanz Ist jedes Haar ein Esel. Ich bin kein Römling, ich bin kein Sklav; Ein deutscher Esel bin ich, Gleich meinen Vätern. Sie waren so brav, So pflanzenwüchsig, so sinnig. Sie spielten nicht mit Galanterei Frivole Lasterspiele; Sie trabten täglich, frisch-fromm-fröhlich-frei, Mit ihren Säcken zur Mühle. Die Väter sind nicht tot! Im Grab Nur ihre Häute liegen, Die sterblichen Hüllen. Vom Himmel herab Schaun sie auf uns mit Vergnügen. Verklärte Esel im Glorialicht! Wir wollen euch immer gleichen Und niemals von dem Pfad der Pflicht Nur einen Fingerbreit weichen. O welche Wonne, ein Esel zu sein! Ein Enkel von solchen Langohren! Ich möchte es von allen Dächern schrein Ich bin als ein Esel geboren. Der große Esel, der mich erzeugt, Er war von deutschem Stamme; Mit deutscher Eselsmilch gesäugt Hat mich die Mutter, die Mamme. Ich bin ein Esel und will getreu, Wie meine Väter, die Alten, An der alten, lieben Eselei, Am Eseltume halten. Und weil ich ein Esel, so rate ich euch, Den Esel zum König zu wählen; Wir stiften das große Eselreich, Wo nur die Esel befehlen. Wir alle sind Esel! I-A! I-A! Wir sind keine Pferdeknechte. Fort mit den Rossen! Es lebe, hurrah! Der König vom Eselsgeschlechte! So sprach der Patriot. Im Saal Die Esel Beifall rufen. Sie waren alle national, Und stampften mit den Hufen. Sie haben des Redners Haupt geschmückt Mit einem Eichenkranze. Er dankte stumm, und hochbeglückt Wedelt er mit dem Schwanze. |
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DEUTSCHLAND - EIN WINTERMÄRCHEN CAPUT I Im traurigen Monat November wars, Die Tage wurden trüber, Der Wind riß von den Bäumen das Laub, Da reist ich nach Deutschland hinüber. Und als ich an die Grenze kam, Da fühlt ich ein stärkeres Klopfen In meiner Brust, ich glaube sogar Die Augen begunnen zu tropfen. Und als ich die deutsche Sprache vernahm, Da ward mirs seltsam zu Mute; Ich meinte nicht anders, als ob das Herz Recht angenehm verblute. Ein kleines Harfenmädchen sang. Sie sang mit wahrem Gefühle Und falscher Stimme, doch ward ich sehr Gerühret von ihrem Spiele. Sie sang von Liebe und Liebesgram, Aufopfrung und Wiederfinden Dort oben, in jener besseren Welt, Wo alle Leiden schwinden. Sie sang vom irdischen Jammertal, Von Freuden, die bald zerronnen, Vom Jenseits, wo die Seele schwelgt Verklärt in ewgen Wonnen. Sie sang das alte Entsagungslied, Das Eiapopeia vom Himmel, Womit man einlullt, wenn es greint, Das Volk, den großen Lümmel. Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, Ich kenn auch die Herren Verfasser; Ich weiß, sie tranken heimlich Wein Und predigten öffentlich Wasser. Ein neues Lied, ein besseres Lied, O Freunde, will ich Euch dichten! Wir wollen hier auf Erden schon Das Himmelreich errichten. Wir wollen auf Erden glücklich sein, Und wollen nicht mehr darben; Verschlemmen soll nicht der faule Bauch Was fleißige Hände erwarben. Es wächst hienieden Brot genug Für alle Menschenkinder, Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust, Und Zuckererbsen nicht minder. Ja, Zuckererbsen für jedermann, Sobald die Schoten platzen! Den Himmel überlassen wir Den Engeln und Spatzen. Und wachsen uns Flügel nach dem Tod, So wollen wir Euch besuchen Dort oben, und wir, wir essen mit Euch Die seligsten Torten und Kuchen. Ein neues Lied, ein besseres Lied, Es klingt wie Flöten und Geigen! Das Miserere ist vorbei, Die Sterbeglocken schweigen. Die Jungfer Europa ist verlobt Mit dem schönen Geniusse Der Freiheit, sie liegen einander im Arm, Sie schwelgen im ersten Kusse. Und fehlt der Pfaffensegen dabei, Die Ehe wird gültig nicht minder - Es lebe Bräutigam und Braut, Und ihre zukünftigen Kinder! Ein Hochzeitskarmen ist mein Lied, Das bessere, das neue! In meiner Seele gehen auf Die Sterne der höchsten Weihe - Begeisterte Sterne, sie lodern wild, Zerfließen in Flammenbächen - Ich fühle mich wunderbar erstarkt, Ich könnte Eichen zerbrechen! Seit ich auf deutsche Erde trat, Durchströmen mich Zaubersäfte - Der Riese hat wieder die Mutter berührt, Und es wuchsen ihm neu die Kräfte. |
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DER TUGENDHAFTE HUND Ein Pudel, der mit gutem Fug Den schönen Namen Brutus trug, War viel berühmt im ganzen Land Ob seiner Tugend und seinem Verstand. Er war ein Muster der Sittlichkeit, Der Langmut und Bescheidenheit. Man hörte ihn loben, man hörte ihn preisen Als einen vierfüßigen Nathan den Weisen. Er war ein wahres Hundejuwel! So ehrlich und treu! eine schöne Seel! Auch schenkte sein Herr in allen Stücken Ihm volles Vertrauen, er konnte ihn schicken Sogar zum Fleischer. Der edle Hund Trug dann einen Hängekorb im Mund, Worin der Metzger das schöngehackte Rindfleisch, Schaffleisch, auch Schweinefleisch packte. - Wie lieblich und lockend das Fett gerochen, Der Brutus berührte keinen Knochen, Und ruhig und sicher, mit stoischer Würde, Trug er nach Hause die kostbare Bürde. Doch unter den Hunden wird gefunden Auch eine Menge von Lumpenhunden - Wie unter uns -, gemeine Köter, Tagdiebe, Neidharde, Schwerenöter, Die ohne Sinn für sittliche Freuden Im Sinnenrausch ihr Leben vergeuden! Verschworen hatten sich solche Racker Gegen den Brutus, der treu und wacker, Mit seinem Korb im Maule, nicht Gewichen von dem Pfad der Pflicht. - Und eines Tages, als er kam Vom Fleischer und seinen Rückweg nahm Nach Hause, da ward er plötzlich von allen Verschwornen Bestien überfallen; Da ward ihm der Korb mit dem Fleisch entrissen, Da fielen zu Boden die leckersten Bissen, Und fraßbegierig über die Meute - Brutus sah Anfangs dem Schauspiel zu Mit philosophischer Seelenruh; Doch als er sah, daß solchermaßen Sämtliche Hunde schmausten und fraßen, Da nahm auch er an der Mahlzeit Teil Und speiste selbst eine Schöpsenkeul. Moral Auch du, mein Sohn Brutus, auch du, du frißt? So ruft wehmütig der Moralist. Ja böses Beispiel kann verführen; Und, ach! gleich allen Säugetieren, Nicht ganz und gar vollkommen ist Der tugendhafte Hund - er frißt! |
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GUTER RAT Laß dein Grämen und dein Schämen! Werbe keck und fordre laut, Und man wird sich dir bequemen, Und du führest heim die Braut. Wirf dein Gold den Musikanten, Denn die Fiedel macht das Fest; Küsse Deine Schwiegertanten, Denkst du gleich Hol euch die Pest! Rede gut von einem Fürsten, Und nicht schlecht von einer Frau; Knickre nicht mit deinen Würsten, Wenn du schlachtest eine Sau. Ist die Kirche dir verhaßt, Tor, Desto öfter geh hinein; Zieh den Hut ab vor dem Pastor, Schick ihm auch ein Fläschchen Wein. Fühlst du irgendwo ein Jücken, Kratze dich als Ehrenmann; Wenn dich deine Schuhe drücken, Nun, so zieh Pantoffeln an. Hat versalzen dir die Suppe Deine Frau, bezähm die Wut, Sag ihr lächelnd Süße Puppe, Alles was du kochst ist gut. Trägt nach einem Schal Verlangen Deine Frau, so kauf ihr zwei; Kauf ihr Spitzen, goldne Spangen Und Juwelen noch dabei. Wirst du diesen Rat erproben, Dann, mein Freund! genießest du Einst das Himmelreich dort oben, Und du hast auf Erden Ruh. |
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DIE WANDERRATTEN Es gibt zwei Sorten Ratten Die hungrigen und satten. Die satten bleiben vergnügt zu Haus, Die hungrigen aber wandern aus. Sie wandern viele tausend Meilen, Ganz ohne Rasten und Weilen, Gradaus in ihrem grimmigen Lauf, Nicht Wind noch Wetter hält sie auf. Sie klimmen wohl über die Höhen, Sie schwimmen wohl durch die Seen; Gar manche ersäuft oder bricht das Genick, Die lebenden lassen die toten zurück. Es haben diese Käuze Gar fürchterliche Schnäuze; Sie tragen die Köpfe geschoren egal, Ganz radikal, ganz rattenkahl. Die radikale Rotte Weiß nichts von einem Gotte. Sie lassen nicht taufen ihre Brut, Die Weiber sind Gemeindegut. Der sinnliche Rattenhaufen, Er will nur fressen und saufen, Er denkt nicht, während er säuft und frißt, Daß unsre Seele unsterblich ist. So eine wilde Ratze, Die fürchtet nicht Hölle, nicht Katze; Sie hat kein Gut, sie hat kein Geld Und wünscht aufs Neue zu teilen die Welt. Die Wanderratten, o wehe! Sie sind schon in der Nähe. Sie rücken heran, ich höre schon Ihr Pfeifen - die Zahl ist Legion. O wehe! wir sind verloren, Sie sind schon vor den Toren! Der Bürgermeister und Senat, Sie schütteln die Köpfe, und Keiner weiß Rat. Die Bürgerschaft greift zu den Waffen, Die Glocken läuten die Pfaffen. Gefährdet ist das Palladium Des sittlichen Staats, das Eigentum. Nicht Glockengeläute, nicht Pfaffengebete, Nicht hochwohlweise Senatsdekrete, Auch nicht Kanonen, viel Hundertpfünder, Sie helfen euch heute, ihr lieben Kinder! Heut helfen euch nicht die Wortgespinste Der abgelebten Redekünste. Man fängt nicht Ratten mit Syllogismen, Sie springen über die feinsten Sophismen. Im hungrigen Magen Eingang finden Nur Suppenlogik mit Knödelgründen, Nur Argumente von Rinderbraten, Begleitet von Göttinger Wurstzitaten. Ein schweigender Stockfisch, in Butter gesotten, Behaget den radikalen Rotten Viel besser als ein Mirabeau Und alle Redner seit Cicero. |
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DAS SKLAVENSCHIFF 1 Der Superkargo Mynher van Koek Sitzt rechnend in seiner Kajüte; Er kalkuliert der Ladung Betrag Und die probabeln Profite. >>Der Gummi ist gut, der Pfeffer ist gut, Dreihundert Säcke und Fässer; Ich habe Goldstaub und Elfenbein - Die schwarze Ware ist besser.<< >>Sechshundert Neger tauschte ich ein Spottwohlfeil am Senegalflusse. Das Fleisch ist hart, die Sehnen sind stramm, Wie Eisen vom besten Gusse.<< >>Ich hab zum Tausche Branntewein, Glasperlen und Stahlzeug gegeben; Gewinn daran achthundert Prozent, Bleibt mir die Hälfte am Leben.<< >>Bleiben mir Neger dreihundert nur Im Hafen von Rio-Janeiro, Zahlt dort mir hundert Dukaten per Stück Das Haus Gonzales Perreiro.<< Da plötzlich wird Mynher van Koeck Aus seinen Gedanken gerissen; Der Schiffschirurgius tritt herein, Der Doktor van der Smissen. Das ist eine klapperdürre Figur, Die Nase voll roter Warzen - >>Nun, Wasserfeldscherer<<, ruft van Koek, >>Wie gehts meinen lieben Schwarzen?<< Der Doktor dankt der Nachfrage und spricht >>Ich bin heute zu melden gekommen, Daß heute Nacht die Sterblichkeit Bedeutend zugenommen.<< >>Im Durchschnitt starben täglich zwei, Doch heute starben sieben, Vier Männer, drei Frauen - Ich hab den Verlust Sogleich in die Kladde geschrieben.<< >>Ich inspizierte die Leichen genau; Denn diese Schelme stellen Sich manchmal tot, damit man sie Hinabwirft in die Wellen.<< >>Ich nahm den Toten die Eisen ab; Und wie ich gewöhnlich tue, Ich ließ die Leichen werfen ins Meer Des Morgens in der Fruhe.<< >>Es schossen alsbald hervor aus der Flut Haifische, ganze Heere, Sie lieben so sehr das Negerfleisch; Das sind meine Pensionäre.<< >>Sie folgten unseres Schiffes Spur, Seit wir verlassen die Küste; Die Bestien wittern den Leichengeruch Mit schnupperndem Fraßgelüste.<< >>Es ist possierlich anzusehen, Wie sie nach den Toten schnappen! Die faßt den Kopf, die faßt das Bein, Die andern schlucken die Lappen.<< >>Ist alles verschlungen, dann tummeln sie sich Vergnügt um des Schiffes Planken Und glotzen mich an, als wollten sie Sich für das Frühstück bedanken.<< Doch seufzend fällt ihm in die Red Van Koeck >:>:Wie kann ich lindern Das Übel? wie kann ich die Progression Der Sterblichkeit verhindern?<< Der Doktor erwidert >>Durch eigne Schuld Sind viele Schwarze gestorben; Ihr schlechter Odem hat die Luft Im Schiffsraum so sehr verdorben.<< >>Auch starben viele durch Melancholie, Dieweil sie sich tödlich langweilen; Durch etwas Luft, Musik und Tanz Läßt sich die Krankheit heilen.<< Da ruft van Koek >>Ein guter Rat! Mein teurer Wasserfeldscherer Ist klug wie Aristoteles, Des Alexanders Lehrer.<< >>Der Präsident der Sozietät Der Tulpenveredlung im Delfte Ist sehr gescheit, doch hat er nicht Von Eurem Verstande die Hälfte.<< >>Musik! Musik! Die Schwarzen solln Hier auf dem Verdecke tanzen. Und wer sich beim Hopsen nicht amüsiert, Den soll die Peitsche kuranzen.<< 2 Hoch auf dem blauen Himmelszelt Viel tausend Sterne schauen, Sehnsüchtig glänzend, groß und klug, Wie Augen von schönen Frauen. Sie blicken hinunter in das Meer, Das weithin überzogen Mit phosphorstrahlendem Purpurduft; Wollüstig girren die Wogen. Kein Segel flattert am Sklavenschiff, Es liegt wie abgetakelt; Doch schimmern Laternen auf dem Verdeck, Wo Tanzmusik spektakelt. Die Fiedel streicht den Steuermann, Der Koch, der spielt die Flöte, Ein Schiffsjung schlägt die Trommel dazu, Der Doktor bläst die Trompete. Wohl hundert Neger, Männer und Fraun, Sie jauchzen und hopsen und kreisen Wie toll herum; bei jedem Sprung Taktmäßig klirren die Eisen. Sie stampfen den Boden mit tobender Lust, Und manche schwarze Schöne Umschlingt wollüstig den nackten Genoß - Dazwischen ächzende Töne. Der Büttel ist maître des plaisirs, Und hat mit Peitschenhieben Die lässigen Tänzer stimuliert, Zum Frohsinn angetrieben. Und Dideldumdei und Schnedderedeng! Der Lärm lockt aus den Tiefen Die Ungetüme der Wasserwelt, Die dort blödsinnig schliefen. Schlaftrunken kommen geschwommen heran Haifische viel hundert; Sie glotzen nach dem Schiff hinauf, Sie sind verdutzt, verwundert. Sie merken, daß die Frühstücksstund Noch nicht gekommen, und gähnen, Aufsperrend den Rachen; die Kiefer sind Bepflanzt mit Sägezähnen. Und Dideldumdei und Schnedderedeng - Es nehmen kein Ende die Tänze. Die Haifische beißen vor Ungeduld Sich selber in die Schwänze. Ich glaube, sie lieben nicht die Musik, Wie viele von ihrem Gelichter. Trau keiner Bestie, die nicht liebt Musik! sagt Albions Dichter. Und Schnedderedeng und Dideldumdei - Die Tänze nehmen kein Ende. Am Fockmast steht Mynher van Koek Und faltet betend die Hände >>Um Christi willen verschone, o Herr, Das Leben der schwarzen Sünder! Erzürnten sie dich, so weißt du ja, Sie sind so dumm wie die Rinder.<< >>Verschone ihr Leben um Christi willn, Der für uns alle gestorben! Denn bleiben mir nicht dreihundert Stück, So ist mein Geschäft verdorben.<< |
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SIE ERLISCHT Der Vorhang fällt, das Stück ist aus, Und Herrn und Damen gehn nach Haus. Ob ihnen auch das Stück gefallen? Ich glaub, ich hörte Beifall schallen. Ein hochverehrtes Publikum Beklatschte seinen Dichter. Jetzt aber ist das Haus so stumm, Und sind verschwunden Lust und Lichter. Doch horch! ein schollernd schnöder Klang Ertönt unfern der öden Bühne; - Vielleicht daß eine Saite sprang An einer alten Violine. Verdrießlich rascheln im Parterr Etwelche Ratten hin und her, Und Alles riecht nach ranzgem Öle. Die letzte Lampe ächzt und zischt Verzweiflungsvoll, und sie erlischt, Das arme Licht war meine Seele. |
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Besucher seit 26. September 2001, 12 Uhr:
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